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"4 Ukraine" Siła kobiet
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"4 Ukraine" Die Macht der Frauen



WERSJA POLSKA    УКРАЇНСЬКА ВЕРСІЯ    DEUTSCHE VERSION






PROJEKTINTERVIEWS


Interview mit Kateryna Sevchenko

Paulina:Hallo Kateryna, danke, dass Du Dich zu diesem Interview bereit erklärt hast, um Deine Geschichte und über Dich selbst zu erzählen. Ich weiß, Du kommst aus der Ukraine. Unseren Lesern möchte ich noch hinzufügen, dass Kateryna und ich im selben Jahr Journalismus an der Maria-Curie-Sklodowska-Universität in Lublin studieren. Fangen wir also vielleicht damit an: Wie kam es dazu, dass Du hierher gefunden hast? Warum lebst Du nicht mehr in Deinem Heimatland, sondern in Polen? Das ist nicht immer so offensichtlich.
Kateryna: Hallo Paulina, ja, wir studieren zusammen an der UMCS, Journalismus und soziale Kommunikation, ich bin in der Spezialisierung Medienmarketing. Ich komme aus der Ukraine, aus der Stadt Sumy. Die Stadt liegt in der Nähe der russischen Grenze, etwa 20 Kilometer entfernt. Hier in Lublin bin ich allein.

Paulina: Seit wann?
Kateryna: Seit 2021.

Paulina: Dein Studium hast du also hier begonnen?
Kateryna: Genau.

Paulina: Du bist also nach Polen gekommen, um hier zu studieren? Das heißt, nicht im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Krieges?
Kateryna: Ich kam hierher, als ich 17 war. Ich habe die Schule beendet und wollte einfach hier in Polen studieren.

Paulina: Warum ausgerechnet in Polen, und nicht in der Ukraine?
Kateryna: Mein Großvater lebt und arbeitet schon seit langem hier, er hat mir oft von Polen erzählt, und es war für mich quasi ein "Traumland" (lacht). Es ist immerhin nah an der Ukraine, nicht wie zum Beispiel die USA. (lacht)

Paulina: Lebt er auch hier in Lublin?
Kateryna: Nein, in Puławy.
 
Paulina: Das ist nicht weit. Die meisten Ukrainer, die hier studieren, setzen ihr Studium in Polen fort, weil in ihrem Land Krieg herrscht. Du hast dich schon früher für ein Studium hier entschieden. Hast Du außer deinem Großvater noch andere Familienmitglieder oder Bekannte hier?
Kateryna: Nach dem 24. Februar kam meine Tante mit ihrem Bruder her und sie waren… (überlegt).

Paulina: Bis zum Kriegsausbruch hier?
Kateryna: Ja, sie war ein Jahr lang hier und ist erst nach Sumy zurückgekehrt, als der Krieg ausbrach. Generell war ich noch im Freiwilligendienst, ich denke, das ist eine interessante Sache, die ich erzählen kann.

Paulina: Auf welche Art und Weise eine Freiwillige?
Kateryna: Ich habe Flüchtlingen geholfen.

Paulina:   Was genau hast Du gemacht und wo warst Du tätig?
Kateryna: Ich war im Helios aktiv, das ist ein Studentenwohnheim der UMCS. Wir haben zum Beispiel dabei geholfen, eine Wohnung zu finden, Sachen zu besorgen, eine SIM-Karte für das Telefon zu kaufen, zum Arzt zu gehen oder im Amt anzurufen und so weiter. Ich war von Februar bis Mai als Freiwillige im Einsatz, und zwar jeden Tag. Das war hart.

Paulina:   Hast Du gleichzeitig noch studiert? War es schwierig für Dich, Dein Studium mit der Freiwilligenarbeit zu vereinbaren?
Kateryna: Ja, es war schwierig. Aber das Tolle war, dass ich immer noch Online-Unterricht hatte, also lief er über meine Kopfhörer und ich konnte gleichzeitig mithelfen.

Paulina: Super. Eine Haltung, die bewundernswert ist. Ich wollte nach Deinen Eltern fragen und ob Du Geschwister hast?
Kateryna: Ja, ich habe eine Schwester, aber sie ist die Tochter meines Vaters, nicht meiner Mutter. Meine Mutter und mein Vater sind in der Ukraine.

Paulina: Leben sie die ganze Zeit in der Stadt Sumy?
Kateryna: Ja.

Paulina: Haben sie keine Angst, dass sie in Gefahr geraten könnten?
Kateryna: Jetzt nicht mehr, sie haben sich daran gewöhnt. Am Anfang herrschte Panik. Ich erinnere mich an den Tag. Ich war mit einer Freundin auf einem Spaziergang. Ich kam spät nach Hause und sah mir die Fotos an, die ich am Vortag gemacht hatte. Plötzlich sah ich, dass ich um 4 Uhr morgens eine Nachricht erhalten hatte. Bei uns in der Ukraine war es bereits 5 Uhr morgens. Die Nachricht enthielt das Wort 'Krieg'.  Und ich dachte "Gott, nein, nein, das glaube ich nicht".

Paulina: Ich kann mir vorstellen, dass es für Dich eine schockierende Nachricht und eine erschütternde Erfahrung gewesen sein muss.
Kateryna: Ja. Wir wohnen in der Nähe der Grenze und ich habe meine Mutter angerufen. Sie wurde von meinem Anruf geweckt, sie wusste nicht einmal etwas von diesem Krieg. Da war so viel Stress. Gegen 9 Uhr polnischer Zeit rief mich meine Großmutter an und sagte, sie hätte Panzer gesehen.

Paulina: Hast Du Angst um deine Familie bekommen?
Kateryna: Ja, es herrschte Panik, vor allem weil wir in der Nähe der Grenze wohnen. Eine Freundin von mir war zu der Zeit noch zu Hause in der Ukraine. Ich wollte zu der Zeit auch nach Hause fahren. Es waren Semesterferien. So heißt das doch nach der Prüfungsphase?

Paulina: Genau.
Kateryna: Ich wollte also nach Hause fahren, aber mein Großvater sagte, ich sollte besser bleiben, wegen dem Coronavirus oder so ähnlich (lacht).

Paulina: Ja, das Coronavirus war für viele ein Hindernis.
Kateryna: Am Ende bin ich dann doch geblieben. Und das ist ein Glück, dass ich nicht gefahren bin! Ich weiß nämlich nicht, wann ich nach Polen zurückgekehrt wäre.

Paulina: Vermisst Du Deine Familie? Wann hast Du Deine Eltern das letzte Mal gesehen?
Kateryna: Ich war seit Januar letzten Jahres nicht mehr in der Ukraine, aber meine Mutter war im Dezember hier.

Paulina: Zu Weihnachten?
Kateryna: Ja.

Paulina: Ist sie alleine gekommen?
Kateryna: Ja, mein Vater kann nicht kommen, weil es ein Ausreiseverbot für Männer gibt. Er ist in der Ukraine geblieben und hat bis ungefähr Juli gekämpft. Vor dem Krieg hat er Brücken gebaut.

Paulina: Also hat er an der Front gekämpft?
Kateryna: Auch. Jetzt arbeitet er zwei Wochen und hat dann zwei Wochen frei. In dieser Zeit arbeitet er an Kameras, wir haben einige in der Stadt, und er schaut, ob zum Beispiel ein russischer Panzer zu sehen ist.

Paulina: Beobachtet er über Kameras, ob eine Bedrohung besteht?
Kateryna: Ja, die Kameras sind am Stadtrand. Er schaut, ob es dort etwas "Russisches" gibt (lacht).

Paulina: Vorhin, als wir uns unterhalten haben, hast Du etwas sehr Trauriges gesagt, nämlich dass ein Freund von Dir durch den Krieg gestorben ist.
Kateryna: Ja, er war 22 Jahre alt.

Paulina: Das ist sehr jung.
Kateryna: Er war zu der Zeit in Charkow. Es war irgendwie Anfang März und es war furchtbar, ein Schock, dass ein Mensch, den ich kenne, gestorben ist. Manchmal kann ich gar nicht glauben, dass er nicht mehr da ist.

Paulina: Ich verstehe, das muss für Dich sehr schwierig gewesen sein. War es ein enger Freund von Dir?
Kateryna: Ja, wir haben praktisch nebeneinander gewohnt. In der Schule war er einer der wenigen, die ich kannte, abgesehen von den Leuten in meiner Klasse. Wir sind oft zusammen spazieren gegangen.

Paulina: Habt ihr viel Zeit miteinander verbracht?
Kateryna: Ja, wir sind zusammen zur Schule gegangen. Wir hatten eine Gruppe von Freunden, mit denen wir in Discos gingen.

Paulina: Wenn ich fragen darf, wie ist er gestorben?
Kateryna: Warte, ich muss es auf meinem Handy finden, weil ich mich nicht mehr genau erinnern kann. Ich glaube, es war am 13. März.

Paulina: Dieses Jahr oder letztes?
Kateryna: 2022. Ich weiß es jetzt wieder. Am 5. März. Er war da in der Armee.

Paulina: Wurde er verletzt oder angeschossen?
Kateryna: Es war eine Explosion im Stadtzentrum von Charkiw.

Paulina: Außer ihm sind sicherlich noch viele weitere Menschen durch die Explosion ums Leben gekommen.
Kateryna: Ja, ich weiß auch, dass sein Bruder noch kämpft, aber ich weiß nicht, wo genau.

Paulina: Es ist einerseits erstaunlich und andererseits schrecklich tragisch, dass diese jungen Männer ihr Leben opfern und sich selbst in Gefahr bringen, um ihr Land zu schützen. Bewundernswert.
Kateryna, vielen Dank für das Gespräch und die Zeit, die Du Dir genommen hast.






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